Dienstag, 25. Februar 2020

Mertola

Von unseren Bootsnachbarn wurde uns seit Tagen von der Stadt Mertola am Oberlauf des Guadiana Flusses vorgeschwärmt. Wir fanden es sei wieder einmal Zeit für einen "change of scenery", also sattelten wir "Karl" und machten uns auf die ca. 150 km lange Reise. Wenn wir schon in den Osten fuhren, machten wir einen kleinen Abstecher nach Spanien, wo der Diesel billiger und das alkoholfreie Bier besser sind. Für die erste Nacht fanden wir einen einsamen Platz auf einem Hügel, ganz für uns allein.

Die Aussicht Richtung Alcoutim.



In Mertola war der Stellplatz dann weniger idyllisch, dafür lag die Stadt zu Fuss nur ein paar Minuten entfernt. Man kann das "schwarze Schaf" ganz leicht erkennen. Wenn's dunkel ist, sieht man ihn dafür gar nicht...


Die Stadt auf dem Hügel wurde eigentlich fast seit dem Beginn der Menschheit bewohnt, archeologische Zeugen findet man bis in die Bronzezeit zurück. Das Stadtbild wurde von den Phöniziern, Römern, Mauren und der politischen Abgrenzung Portugals vom Königreich Kastillien geprägt.

Wir sind vorerst vom Gesamtbild beeindruckt.


Die Dorfkirche ist sehr alt. Offensichtlich handelt es sich um eine nach der Vertreibung der Mauren im 13. Jhd, umgebaute Moschee. Das Minarett erhielt ein paar Glocken und fertig war die Kirche.


Der Innenraum sieht immer noch sehr orientalisch aus.


Die Rückseite lässt wenig Zweifel am Ursprung als muslimischer Saccralbau aufkommen.


In der Nähe des Castelos finden ausgedehnte Ausgrabungen statt. Das alte maurische Städtchen hatte ein Abwassersystem, die Mosaiken sind über tausend Jahre alt.


Die Festung wurde ursprünglich schon vor der römischen Besetzung angelegt, der heutige Zustand ist eine Rekonstruktion der spätmittelalterlichen Burg. Die Stadt Mertola war dank der Verbindung durch den Fluss an die Küste und weiter ins Mittelmeer, schon immer ein wichtiger Handelsplatz. Sie wurde auch mit einer Ringmauer befestigt.


Die Nacht auf dem Stellplatz ist sehr ruhig. Morgenstimmung am Guadiana.


Ich bin immer wieder überrascht wie sich die internationale Wohnmobilgemeinde auf solchen kommunalen Stellplätzen selbstständig organisiert, alle finden irgendwie Platz und kommen miteinander aus. Die Wohnmobilsituation ist heute ganz anders als vor 25 Jahren, als wir unser erstes Schlafauto hatten. Damals war "Womo" noch ein bisschen "rock n'roll", heute hat jeder zweite Rentner ein Mobil und die Infrasturktur hat sich parallel dazu entwickelt. In Spanien und Portugal finden sich recht zahlreiche Stellplätze und Entsorgungsstellen, gratis, oder für ein paar Euros findet sich fast überall eine Übernachtungsmöglichkeit. Es gibt ja heute sogar Apps, welche einen direkt zum nächste Stellplatz navigieren lassen... (Schön ist das Womo-Leben natürlich immer noch!!)

Die Grundmauern einer frühchristlichen Kirche  aus dem 6. Jhd. wollten wir uns auch nicht entgehen lassen, sie steht in der Nähe des Friedhofs, wo seit Menschengedenken die Einwohner von Mertola ihre letzte Ruhe fanden. Das Gräberfeld ist genauestens dokumentiert und es fanden sich viele archeologische Artefakte, welche über die Geschichte dieses Städtchens Auskunft gaben.



Diese Grabplatte stammt aus dem Jahr 525 unserer Zeitrechnung.



Diese Grabplatte ist noch etwa tausend Jahre älter, sie stammt aus dem Ende der Eisenzeit, die Schrift soll griechisch/phönizisch sein, die Sprache konnte noch nicht zugeordnet werden.


Frieren müssen die Bäume hier nicht, sie wurden liebevoll umhäkelt!


Blick von der Neustadt zum Castelo.


Nachdem wir uns zum Frühstück schon ein sündhaft gutes Nuss/Hefeteigteilchen in einem gemütliche Café gegönnt hatten, gings am Abend noch mit der Personenfähre über den Guadiana nach Sanlucar in Spanien, wo wir ein Abschlussbierchen (mit richtigem Alkohol!) genossen.
Die letzte Nacht verbrachten wir auf der Terrasse über dem Guadiana in Alcoutim, wo wir schon mehrmals standen - sozusagen unser Hausplatz.

Donnerstag, 20. Februar 2020

Alles neu, macht...

der Februar! Die Segel sind angeschlagen, der Seezaun ist erneuert und die arg strapazierte Kuchenbude hat neue Reissverschlüsse. Dem Schimmel, den wir seit Schottland/den Azoren mit uns führten, ging es heute an den Kragen. Alles sieht viel besser aus und "Lotta" platzt fast vor Stolz.
Die Segelsaison kann kommen!


Mittwoch, 5. Februar 2020

Unsere Reise nach Andalusien

Wir waren in den letzten Tagen mit "Karl" dem Kastenwagen unterwegs. Der Computer durfte auf der Lotta bleiben und ich gönnte mir eine kleine Blogpause.

Bevor wir mit dem Camper wieder grosse Sprünge machen konnten, brauchten wir ein Ersatzteil für unser WC. Ein nicht richtig funktionierendes WC ist dem Ferienerlebnis nicht förderlich. Nach ein bisschen herum telefonieren, fand sich ein Händler für Campingzubehör direkt auf unserer Route.

Wir fuhren in Lagos im strömenden Regen los, reparierten in Loulé das WC und übernachteten in Quarteira auf einem nicht sehr netten Stellplatz. Es war dunkel und regnete in Sturzbächen, da kommt es auf die Schönheit der Umgegung auch nicht an...

Der nächste Tag brachte besseres Wetter, und als wir in El Rompido ankamen schien die Sonne.


Wir besuchten alte Bootsfreunde, welche mit ihrem Katamaran hier lagen. Vor drei Jahren hatten wir  in Arrecife auf den Kanaren, einige Zeit zusammen vebracht. Der Abend auf "Marelia" ging mit angeregten Gesprächen und schmackhaften Tapas viel zu schnell vorbei.

In Cadiz waren wir mit der Lotta vor drei Jahren, ein Kurzbesuch lohnt sich in dieser wunderschönen Stadt immer. Wir fanden einen praktischden Stellplatz mitten im Zentrum und waren zu Fuss schnell in den quirligen Gassen.


Natürlich besuchten wir auch den Hafen und schwelgten in Erinnerungen.

Ich war überrascht, wie vielfältig das Hinterland der Küste in der Gegend ist. Wenn man segelt, ist die Wahrnehmung eines Landes von See aus, eben doch eingeschränkt. Umso mehr geniessen wir jetzt die Möglichkeit, das Land auch noch zu entdecken!

Viele Leute hassen sie, ich finde sie faszinierend: Windräder.


Von Tarifa hatten wir seinerzeit vom Wasser aus nur den Fährhafen gesehen. Das Städtchen hat aber viel Charme, es wird oft etwas abwertend als Surfer- und Hippie-Hotspot bezeichnet - mir gefällt es gut.

Die Stadtmauer.


Das Eingangstor.


Die Strasse von Gibraltar ist hier eng. Der Jabel Musa, ein hoher Berg in Marokko, ist gut zu erkennen. Er diente uns beim Überqueren der Meerenge nach Ceuta, vor drei Jahren, als willkommene Navigationshilfe.

Afrika!


Tarifa ist wirklich eine Reise wert!


Direkt hinter dem Lidl liegt ein praktischer Stellplatz - gratis - mit dieser Aussicht!


Die Fahrt in den Osten ist sehr abwechslungsreich. Ich schreie innerlich nach einem Motorrad!

In der Ferne: Gibraltar! "The Rock".


Rock - Tree - Karl. Stellplatz in La linea.


Gibraltar war bei unserem ersten Besuch mit dem Schiff aufregender. Dieses Mal war ich etwas enttäuscht, kam mir die "britishness" doch etwas gewollt vor. Ich empfand "Gib" vor allem als Steueroase und Touristenfalle... Schöne Ecken gibt's natürlich trotzdem.


Liisa wollt doch tatsächlich ein Hausboot kaufen - unglaublich!



Die Überraschung unserer Reise war für mich ohne Zweifel, die nördlich von Gibraltar liegende Stadt Ronda. Ein lebendiges Städtchen: gepflegt, offenbar recht wohlhabend und mit einer offensichtlichen Lebensqualität. Dass die Brücke eine Touristenattraktion ist, hat noch keine sichtbaren negativen Auswirkungen auf das Stadtbild, alles wirkt sehr authentisch.



 Es gibt massenhaft kleine Läden für die Dinge des täglichen Lebens. Ich finde sogar einen Fahrrad-Mechaniker, welcher eine Speiche für mein Brompton-Rad, nach Mass herstellen kann.

Die Brücke lassen wir uns nicht entgehen. Sie wurde in den Jahren 1751 - 1793 gebaut. Die erste Brücke stürzte sechs Jahre nach Fertigstellung ein und riss über fünfzig Menschen in den Tod. Beim zweiten Versuch wollten sie es richtig machen - massiv gebaut!

Wir gingen morgens und abends zur Brücke, sie sieht zu jeder Tageszeit spektakulär aus.




Die Aussicht ins weite Land - schön!



Die Altstadt bietet viel - wenn man in der Gegend ist, darf man Ronda auf keinen Fall verpassen!



...und die Bäume blühen auch hier.


12 km nordwestlich von Ronda liegen die "Ruinas de Acinipo", die Ruinen einer von den Römern zur Blüte gebrachten Stadt. Die Landschaft ist wunderschön und die Strassen - ja, ich weiss, ich wiederhole mich - schreien laut: "Motorrad, Ducati!"




Das Theater von Acinipo steht allein auf weiter Flur, die Stadt wurde mit dem Aufstieg von Ronda im 12. Jhd. aufgegeben.


Panorama von Acinipo aus aufgenommen (kann angklickt werden, zum Vergrössern)


Córdoba kennt jeder, natürlich mussten wir auch dorthin. Die berühmte Kathedrale/Moschee wollten wir uns nicht entgehen lassen. Südspanien war bis ums Jahr 1000 von den Mauren besetzt, die maurische Hochkultur hat auf fast der ganzen iberischen Halbinsel Spuren hinterlassen. In vielen Städten wurden die bestehenden Moscheen in Kirchen umgebaut, so auch in Córdoba. Die "Mezquita" ist beeindruckend:

Der heutige Glockenturm entstand aus dem Minarett.


Die bekannte Säulenhalle ist nicht nur sehr schön, sondern auch unglaublich gross! Die Fläche entspricht gefühlt einem Fussballfeld.








Mitten in diese alte Moschee wurde eine grosse, christliche Kathedrale hinein gezwängt:




Mir gefallen die älteren, maurischen Bauelemente eindeutig besser.




 Detail eines Kapitells.


Die ganze riesige Anlage ist mit einer verzierten Mauer umgeben.


Die alte Brücke über den Guadalquivir soll auf römischen Fundamenten stehen.


Wir verbrachten zwei Nächte auf dem Campingplatz "El Brillante", welcher ganz nett, wenn auch nicht brillant war. Tags darauf fuhren wir die kurze Strecke (7 km) nach "Medina Azahara" dem ehemaligen Palast des Kalifen von "el Anadaluz", Andalusien. Diese Kleinstadt und der repräsentative Palast wurde in kurzer Zeit aus dem Boden gestampft und nach nur achzig Jahren wieder aufgegeben, weil Cordoba das neue Zentrum wurde. Die Anlage verfiel, die architektonisch wertvollen Bauelemente wurden geplündert und finden sich heute an vielen Kirchen, Moscheen und Verwaltungsgebäuden in Südspanien und Nordafrika.

Die inzwischen ausgegrabene Anlage wird soweit als möglich restauriert und zeugt, auch ihres Schmuckes beraubt, immer noch von vergangerner Pracht.

Der alte Garten hatte vier Wasserbecken.



Die filigranen Steinmetzarbeiten fehlen.



Der ehemalige Eingang.


Die ganze Stadt ist rechtwinklig ausgelegt, allein die Moschee stand schräg, sie wurde nach Mekka ausgerichtet.


Südlich von Sevilla, bei Dos Hermanas, fanden wir dank der "Park4night"-App einen tollen Stellplatz auf einem völlig abgelegenem Bauernhof und hatten einen schönen, gemütlichen Abend. 
Das letzte Teilstück zurück nach Portugal brachten wir am Morgen auf Nebenstrassen und mit einem Besuch im Naturschutzgebiet hinter uns, am Nachmittag ging es dann zügig über die Autobahn nach Ayamonte und dann in den Norden nach Alcoutim. Wir hatten dort im Dezember einen geheimen, lauschigen Stellplatz über dem Guadiana mit Blick nach Sanlucar entdeckt. Diese Aussicht verdient doch einen kleinen Umweg?


Auf der N 124 (ultimative Motorradstrecke, Schmerz!) ging  es dann ganz gemütlich "nach Hause".